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Genossenschaftsbanken in Weser-Ems stärken ihre Ertragskraft

21.03.2024

Bilanz 2023: Volksbanken und Raiffeisenbanken erwirtschaften ein Ergebnis von 483 Millionen Euro. Für das laufende Jahr wird eine stabile Entwicklung erwartet. Digitalisierung und Fachkräftemangel sind große Herausforderungen. Die Energiewende bietet große Chancen.

 © Matthias Hornung

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Johannes Freundlieb (links) und Axel Schwengels präsentierten die Zahlen für 2023. Foto: Matthias Hornung

Oldenburg/Weser-Ems – Die 49 Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems bleiben weiter auf der Erfolgsspur. 2023 konnten sie trotz herausfordernden Rahmenbedingungen ihre Ertragskraft deutlich stärken und ihre Marktposition festigen. Mit einem Jahresergebnis vor Steuern von rund 483 Millionen Euro blicken die genossenschaftlichen Institute auf ein Rekordjahr. „Angesichts der aktuell großen Herausforderungen brauchen unsere Volksbanken und Raiffeisenbanken aber eine entsprechende Kapitaldecke, um ein verlässlicher Finanzpartner in der Region zu sein, die nötigen Investitionen in Digitalisierung und Fachkräftegewinnung und -entwicklung vornehmen und sich zukunftsfähig aufstellen zu können“, betonten die Verbandsdirektoren des Genossenschaftsverband Weser-Ems, Johannes Freundlieb und Axel Schwengels, heute auf der Bilanzpressekonferenz in der Genossenschaftsakademie Weser-Ems in Rastede.

Zudem erforderten die regulatorischen Auflagen eine zunehmende Eigenkapitalunterlegung bei der Kreditvergabe. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen mit einer lahmenden Konjunktur und einem starken Preisauftrieb hätten die Genossenschaftsbanken in allen Bereichen Zuwächse verzeichnet. Die addierte Bilanzsumme sei moderat um knapp 2 Prozent auf 39,1 Milliarden Euro gestiegen. Für das laufende Jahr erwartet der Genossenschaftsverband Weser-Ems einen stabilen Verlauf. Allerdings seien die anhaltende Wirtschaftsflaute, die erhöhten Zinsaufwendungen und zunehmende regulatorischen Auflagen belastende Faktoren.  

Kreditnachfrage bleibt Wachstumsmotor

Die Kreditvergabe blieb nach Verbandsangaben mit einem Zuwachs von 4,8 Prozent auf insgesamt 29,65 Milliarden Euro der Motor des Wachstums. Die Wohnungswirtschaft – die vor allem auch den Handel und Dienstleistungen rund um Immobilien erfasst – sei mit einem Plus von 15,6 Prozent nach wie vor der wichtigste Bereich. Die Lage in dem für die Region wichtigen Bausektor sei aber angesichts steigender Bau- und Finanzierungskosten angespannt. Ein „Warnsignal an die Politik“ sei zudem die zurückhaltende Investitionsbereitschaft des Agrarbereichs. „Im zweiten Jahr in Folge verzeichnen wir hier einen leichten, aber dennoch spürbaren Rückgang der Kreditnachfrage“, sagte Freundlieb. So sei die auf land- und forstwirtschaftliche Betriebe zurückgehende Kreditsumme um 1,1 Prozent auf 4,19 Milliarden Euro gesunken. Dies sei insbesondere auf die Verunsicherung der Branche aufgrund der agrar-politischen Entscheidungen zurückführen. Es fehle Planbarkeit und Verlässlichkeit.  

Einlagen umgeschichtet – Wertpapiere gefragt

Bei den Einlagen gab es laut Freundlieb ein kleines Plus von 0,4 Prozent auf rund 25,6 Milliarden Euro: „Damit kann man angesichts der Rahmenbedingungen sehr zufrieden sein.“ So liege der Zuwachs über dem Durchschnitt der knapp 700 Volksbanken und Raiffeisenbanken in Deutschland von 0,2 Prozent. Die Kundinnen und Kunden hätten ihr Geld umgeschichtet von Girokonten und Sparbüchern in Termin- und Festgeldern, für die Genossenschaftsbanken nach Ende der Null-Zinsphase wieder attraktive Angebote gemacht hätten.

Zudem sei die Wertpapieranlage gefragt gewesen. Mit einem Plus von 18,5 Prozent stiegen die Depotvolumen der Anlegerinnen und Anleger auf etwas mehr als 13 Milliarden Euro. Dies sei dem allgemeinen Kursanstieg zu verdanken, aber auch einem guten Neugeschäft. Das gesamte betreute Anlagevolumen von 38,66 Milliarden Euro sei ein Beleg, dass die Kundinnen und Kunden bei der Altersvorsorge und Vermögensbildung auf die genossenschaftliche Beratung und Angebote vertrauten.

Spitzenwert beim Ertrag

Die Ertragsseite sei vor allem aufgrund eines erhöhten Zinsüberschusses gestärkt worden, der im Vorjahresvergleich von 1,69 Prozent auf 2,02 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (dBS) gestiegen sei. Das Provisionsergebnis habe mit 0,62 Prozent der dBS nur leicht unter dem Vorjahr gelegen. Das Betriebsergebnis vor Bewertung sei auf 1,2 Prozent der dBS gestiegen. Wertberichtigungen aufgrund von Kreditausfällen habe es nur in einem sehr überschaubaren Umfang gegeben. Bei den bankeigenen Wertpapieren konnten die zinsinduzierten Abschreibungen des Vorjahres teilweise wieder zugeschrieben werden. Das Betriebsergebnis nach Bewertung betrage 1,25 Prozent der dBS. „Das ist ein Spitzenwert und zeigt, dass das genossenschaftliche Geschäftsmodell intakt ist und die Menschen in der Region unseren Banken vertrauen“, sagte Freundlieb.      

Kernaufgabe Fachkräftegewinnung

Die Fachkräftegewinnung bezeichneten die Verbandsdirektoren als eine der wichtigsten Kernaufgaben der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems. „Dies sieht man auch an den hohen Anstrengungen und Investitionen unserer Mitgliedsbanken“, so Freundlieb. In den kommenden zehn Jahren würde rund ein Viertel der Beschäftigten der Genossenschaftsbanken altersbedingt ausscheiden. Bereits heute müsse man damit beginnen, diese Lücke zu schließen. Mit neuen Arbeitszeitmodellen, einem modernen Recruiting, ausgeweiteten Benefits, einer veränderten Unternehmenskultur und verstärkten Aus- und Weiterbildungsangeboten seien die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems sehr innovativ unterwegs.

Energiewende: Chance für die Region

In der Energiewende sieht der Genossenschaftsverband eine große Chance für die Region. Es seien jährlich milliardenschwere Investitionen nötig, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Dies könne der Staat nicht allein tragen, sondern es müsse in erheblichen Umfang privates Kapital dazu genutzt werden, betonte Verbandsdirektor Schwengels: „Unsere Volksbanken und Raiffeisenbanken sind in der Finanzierung und auch der Projektierung im Bereich der erneuerbaren Energien gut aufgestellt und ein verlässlicher Partner.“ Diese Position gelte es, weiter auszubauen. Dazu biete die enge Zusammenarbeit mit bestehenden und neuen Energiegenossenschaften zudem eine gute Grundlage.

So könnten Wind- und Solarparks, Biogasanlagen oder auch Wärmenetze nachhaltig finanziert werden und gleichzeitig würden die Bürgerinnen und Bürger in der Region daran direkt teilhaben und mitbestimmen. „Das würde auch die Akzeptanz für die Energiewende erheblich stärken“, sagte Schwengels. Aber auch die vielen Immobilieneigentümer müssten in den kommenden Jahren erheblich investieren und benötigen intelligente Lösungen und verlässliche Finanzpartner. Um diese Potenziale nutzen zu können, müsse der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen verbessern. Unter anderem forderte Schwengels, dass endlich das Energy Sharing in Deutschland – also die vergünstige Nutzung von in lokalen Gebieten selbst erzeugtem Strom über das öffentliche Versorgungsnetz – umgesetzt werden müsse.  

Ausblick: stabile Entwicklung

Für das laufende Jahr geht der Genossenschaftsverband Weser-Ems von einer stabilen Entwicklung aus. Das außergewöhnlich gute Ertragsniveau dürfte angesichts steigender Zinsaufwendungen und der anhaltenden Konjunkturschwäche nur schwerlich zu halten sein. Dennoch funktioniere das genossenschaftliche Geschäftsmodell und die Volksbanken und Raiffeisenbanken seien ein verlässlicher Finanzpartner für die Region. Die Weser-Ems-Region sei mit einem robusten Mittelstand wirtschaftlich solide aufgestellt. Gerade das mittelständisch geprägte Unternehmertum benötige „Banken auf regionaler Augenhöhe“. Deshalb sei die Stärkung des vielfältigen genossenschaftlichen Bankwesens wichtig.

„Unsere Genossenschaftsbanken bieten Ansprechpartner und Dienstleistungen vor Ort, die sich durch Kompetenz und regionale Verbundenheit auszeichnen“, sagte Schwengels und kritisierte, dass vor allem EU-Vorgaben und -Pläne dies nur unzureichend berücksichtigten und einen unverhältnismäßig hohen Aufwand für kleine und mittelgroße Institute verursachten. Die von der Europäischen Kommission gemachten Vorschläge zur Überarbeitung der Regelungen zum Krisenmanagement von Banken und zur Einlagensicherung, die auch kleine und mittlere Banken in das Abwicklungssystem einbeziehen wollen, lehnte Schwengels für die mittelständisch geprägten Volks- und Raiffeisenbanken mit ihrem gut funktionierenden Institutssicherungssystem ab.

 

Bilanz

2023

2022

Veränderung

Bilanzsumme

39,08 Mrd. €

38,32 Mrd. €

+ 1,98%

durchschnittliche Bilanzsumme

797,53 Mio. €

766,39 Mio. €

+ 4,06%

Eigene Kundenkredite

29,65 Mrd. €

28,28 Mrd. €

+ 4,84%

Vermittelte Kundenkredite

9,11 Mrd. €

8,65 Mrd. €

+5,30%

Eigene Kundeneinlagen

25,62 Mrd. €

25,51 Mrd. €

+ 0,43%

Vermittelte Kundeneinlagen

13,04 Mrd. €

11,01 Mrd. €

+ 18,49 %

Zinsüberschuss

2,02% dBS

1,69% dBS

+ 0,33% dBS

Provisionsüberschuss

0,62% dBS

0,65% dBS

- 0,03% dBS

Verwaltungsaufwand

1,52% dBS

1,46% dBS

+ 0,06% dBS

Betriebsergebnis
vor Bewertung

1,20% dBS

0,92% dBS

+ 0,28% dBS

Betriebsergebnis
nach Bewertung

1,25% dBS

0,38% dBS

 + 0,87% dBS

Zahl Banken

49

50

- 1

Zahl Bankstellen

417

439

- 22

Zahl Beschäftigte

6.150

6.100

50

Kernkapitalquote

14,67%

14,57%

+ 0,10 %-Punkte

Gesamtkapitalquote

15,76%

15,70%

+ 0,06 %-Punkte

 

dBS = durchschnittliche Bilanzsumme