Genossenschaftsbanken in Weser-Ems mit konstant guter Geschäftsentwicklung
26.02.2018
Die Geschäftsergebnisse 2017 der Volksbanken und Raiffeisenbanken hat unser Verband jetzt bekannt gegeben. Außerdem informierten die Verbandsdirektoren Johannes Freundlieb und Axel Schwengels über aktuelle, den Finanzsektor betreffende geschäftspolitische Einflussfaktoren.
Einleitend stellte Freundlieb in der Pressekonferenz zunächst fest, dass die 60 regional verankerten Mitgliedsbanken im Kredit- und Einlagenbereich konstant gute Zuwächse in den zurückliegenden Jahren erzielt haben. Das addierte Bilanzvolumen umfasste zum Jahresende 27,4 Mrd. Euro (plus 5,8 Prozent). Die durchschnittliche Bilanzsumme ist um 5,8 Prozent auf 456,7 Mio. Euro angestiegen.
Die 60 Genossenschaftsbanken vergaben per Ende 2017 über 20,4 Mrd. Euro an Krediten (plus 4,5 Prozent). Motor des Kreditwachstums waren erneut die langfristigen Kredite mit einer Laufzeit von fünf Jahren und länger, die um 701 Mio. Euro und somit um 4,3 Prozent (Vorjahr: plus 4,8 Prozent) zugelegt haben. Insbesondere die Kredite an das Baugewerbe und Privatpersonen (im Wesentlichen auch Wohnungsbaukredite) haben um 14,1 Prozent bzw. 13,7 Prozent zugenommen. Zusätzlich vermittelten die Banken ein ebenfalls gesteigertes Kreditvolumen in Höhe von 5,8 Mrd. Euro (Vorjahr: 5,3 Mrd. Euro) an die Unternehmen der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken. Dies entspricht einem Zuwachs von über 9,4 Prozent.
Das Volumen im Einlagengeschäft wuchs um 6,0 Prozent auf 17,9 Mrd. Euro. Im Einzelnen erhöhten sich die Sichteinlagen um 945 Mio. Euro oder 10,0 Prozent auf 10,4 Mrd. Euro (Vorjahr: plus 9,8 Prozent), während die befristeten Einlagen mit einem Volumen von 1,6 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr leicht rückläufig waren. Die Spareinlagen konnten mit einem Anstieg von 170 Mio. Euro (plus 3,0 Prozent) auf 5,9 Mrd. Euro ebenfalls zulegen. In dem abermals erfreulichen Wachstum der Kundeneinlagen insgesamt spiegelt sich nach Aussagen von Freundlieb das hohe Vertrauen der Mitglieder und Kunden in die Genossenschaftsbanken wider. Weitere 7,8 Mrd. Euro (plus 8 Prozent) legten die Mitglieder und Kunden bei den Unternehmen der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken an, so dass sich die Summe der Einlagen per Ende 2017 auf 25,7 Mrd. Euro belief. Das gesamte bilanzielle Kundenwertvolumen betrug zum Jahresende 38,3 Mrd. Euro (plus 5,2 Prozent).
Der Zinsüberschuss ist im vergangenen Geschäftsjahr um 0,13 Prozentpunkte auf 2,03 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (dBS) zurückgegangen. Die Zinserträge verminderten sich um 0,23 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent der dBS, die Zinsaufwendungen fielen um 0,1 Prozentpunkte auf 0,47 Prozent der dBS.
Der Provisionsüberschuss stieg im Jahr 2017, nach einer rückläufigen Entwicklung im Vorjahr, um 0,01 Prozentpunkte auf 0,68 Prozent der dBS an. Dieser Zuwachs resultierte im Wesentlichen aus den höheren Erträgen aus dem Wertpapier- und Depotgeschäft (Erhöhung um 0,01 Prozentpunkte auf 0,09 Prozent der dBS).
Der Verwaltungsaufwand konnte gegenüber dem Vorjahr um weitere 0,05 Prozentpunkte auf nunmehr 1,78 Prozent der dBS gesenkt werden. Die Personalaufwendungen gingen um 0,03 Prozentpunkte auf 1,1 Prozent der dBS und die anderen Verwaltungsaufwendungen um 0,02 Prozentpunkte auf 0,58 Prozent der dBS zurück.
„Das vorläufige Betriebsergebnis vor Bewertung verringerte sich um 0,03 Prozentpunkte auf 0,99 Prozent der dBS (Vorjahreswert: 1,05 Prozent)“, so Verbandsdirektor Freundlieb. Dieses Ergebnis resultierte im Wesentlichen aus einem deutlich verringerten Zinsüberschuss, der nicht durch die geringeren Verwaltungsaufwendungen kompensiert werden konnte. Das Betriebsergebnis nach Bewertung fällt im Vergleich zum Vorjahr voraussichtlich deutlich besser aus. Hauptursache ist die gute Konjunktur in der Region, welche sich positiv auf das Bewertungsergebnis im Kundenkreditgeschäft auswirkt. Das Betriebsergebnis nach Bewertung konnte mit 1,14 Prozent der dBS gegenüber dem Vorjahr leicht gesteigert werden.
Zum Jahresende 2017 unterhielten die unserem Verband angehörenden Genossenschaftsbanken 370 Geschäfts- und 140 SB-Stellen und waren damit für ihre Kunden und Mitglieder in der Region Weser-Ems unverändert sehr gut erreichbar. Die Zahl der Beschäftigten hat sich gegenüber dem Vorjahr mit rund 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kaum verändert. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken verfolgen nicht das Ziel des Personalabbaus wie viele Großbanken und setzen sich auch besonders für die qualifizierte Ausbildung junger Menschen ein.
EZB-Geldpolitik wirkt sich auf Ertragslage aus
Hinsichtlich der aktuellen Herausforderungen für die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems nannte Verbandsdirektor Schwengels als die wesentlichen vier Einflussfaktoren das anhaltende Niedrigzinsniveau, die zunehmende Komplexität der Regulatorik, die fortschreitende Digitalisierung sowie den intensiver werdenden Wettbewerb, die sich auf die Ertragslage auswirken. „In diesem magischen Viereck muss jede unserer Mitgliedsbanken die Balance finden und halten“, stellte er hierzu fest.
Die Belastungen durch den negativen Einlagenzins der EZB in Höhe von 0,4 Prozent spüren, wenn auch durch ein starkes Kreditgeschäft in Weser-Ems gemildert, insbesondere einlagenstarke Institute wie die Genossenschaftsbanken.
Die Zinseinbußen der Bürger werden laut einer Studie der DZ BANK AG aus 2017 allein durch niedrige Zinsen von 2010 bis 2016 im Vergleich zum „Normalzinsniveau“ auf 344 Mrd. Euro veranschlagt. Zwar steht dem eine Zinsersparnis bei Krediten von 145 Mrd. Euro gegenüber, was jedoch zu einer verbleibenden Nettoeinbuße von rund 200 Mrd. Euro führt. Nicht zuletzt hat die Kombination aus niedrigen Zinsen und der traditionellen Risikoscheu privater Anleger einen erheblichen Geldanlagestau ausgelöst, der sich insbesondere in steigenden Preisen von Vermögenswerten wie Immobilien niederschlägt.
„Die negativen Wirkungen der sehr expansiven EZB-Geldpolitik überwiegen mittlerweile deutlich und wir fordern daher, dass die EZB entsprechend der sich positiv abzeichnenden wirtschaftlichen Entwicklung im Euro-Land die von vielen seit längerem geforderte erwartete Zinswende endlich einleitet“, betonte mit deutlichen Worten der Verbandsvorstand.
Die zunehmende Komplexität der Regulatorik, die insbesondere Institute mit regional ausgerichteten Geschäftsmodellen wie Genossenschaftsbanken auf Dauer schwächt, sieht Schwengels als nicht minderbedeutende Herausforderung an. In diesem Zusammenhang verwies er auf den Erfolg der gemeinsamen Interessenvertretung der genossenschaftlichen FinanzGruppe, dass die beabsichtigte Große Koalition ein besonderes Augenmerk auf kleine Banken als wichtige Finanzpartner für die Menschen und Unternehmen vor Ort legen will. Die Koalitionäre bekennen sich in dem Koalitionsvertrag zu einer Verpflichtung auf eine „zielgenaue, wirksame und angemessene Finanzmarktregulierung“. Dabei sollen Wechselwirkungen der nach der Finanzmarktkrise beschlossenen Regulierungsmaßnahmen dahingehend untersucht werden, ob deren Ziele überhaupt erreicht wurden und ob die Regulierung und die Aufsicht nach dem Grundsatz der doppelten Proportionalität ausgerichtet sind. Für Schwengels bedeutet dies, dass insbesondere kleine Institute entlastet werden, soweit von diesen geringe Risiken für die Finanzstabilität ausgehen.
Schwengels wies außerdem darauf hin, dass die Genossenschaftsbanken in dem verhandelten Koalitionsvertrag eine ausdrückliche Würdigung erfahren. In dem Vertrag heißt es: „Regional tätige Finanzinstitute wie Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Förderbanken sind wichtige Finanzpartner vieler Menschen und Unternehmen in unserem Land. Wir sehen sie als wichtige Säule für die Stabilität im Finanzsystem und kämpfen daher für ihren Erhalt. Wir werden bei der Regulierung danach unterscheiden, ob es sich um Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Förderbanken bzw. kleine und mittlere Privatbanken mit risikoarmen Geschäftsmodellen handelt oder um systemrelevante Großbanken.“ Aus Sicht des Verbands dürfen die Genossenschaftsbanken nicht länger als Regulierungsobjekt betrachtet werden, sondern sie müssen wieder stärker in deren wichtiger Rolle als Akteure der Realwirtschaft wahrgenommen werden. Schwengels hierzu weiter: „Die Volksbanken und Raiffeisenbanken müssen von regulatorischem Aufwand, dem kein angemessener aufsichtsrechtlicher Erkenntnisgewinn gegenübersteht, entlastet werden.“
Länderübergreifende Einlagensicherung in Europa wird abgelehnt
Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Regulatorik ist nach Aussagen des Verbandsvorstandes die immer wieder aufkommende Diskussion um eine länderübergreifende europäische Einlagensicherung. Seit Jahren setzen sich die EU-Kommission und einige Euro-Staaten wie Italien und Frankreich dafür ein, die nationalen Einlagensicherungen zu vergemeinschaften. Die Länder sehen darin ein unverzichtbares Element der Europäischen Bankenunion und einen Beitrag zu mehr Stabilität in Krisenzeiten. Demgegenüber weist Ifo-Präsident Clemens Fuest eindringlich darauf hin, dass die nächste Euro-Krise droht, wenn die neue Bundesregierung einer Vergemeinschaftung der Einlagensicherung bedingungslos zustimmen sollte.
Nach Aussagen von Schwengels müssen zunächst der hohe Bestand notleidender Kredite von Banken in Südeuropa wesentlich abgebaut, ein einheitliches europäisches Insolvenzrecht geschaffen und Investitionen von Banken in Staatsanleihen abhängig von der Bonität der ausgebenden Staaten mit Eigenkapital unterlegt werden. Wenn dies nicht erfolgt, würden insbesondere deutsche Banken und Einleger für Defizite des Bankensektors in anderen Mitgliedstaaten haften, und deutsche Genossenschaftsbanken müssten risikoreiche Strategien ihrer eigenen Wettbewerber mittelbar mitfinanzieren. „Eine solche Transferunion unter Banken über ein europäisches Einlagensicherungssystem darf es nicht geben, Risiko und Haftung gehören auch beim Sparerschutz untrennbar zusammen“, stellte hierzu Schwengels in der Pressekonferenz fest.
Digitalisierung verändert Finanzdienstleistungen
Die Digitalisierung im Finanzsektor ist eine Herausforderung und Chance zugleich. Auch im Mittelstand sind weitere Investitionen notwendig, um den digitalen Wandel nachhaltig Gesamtwirtschaftlich zu vollziehen. Dieser Herausforderung tragen nach Aussage von Schwengels die Volksbanken und Raiffeisenbanken in zweierlei Hinsicht Rechnung – zum einen durch ihre Rolle als verlässlicher Finanzpartner des Mitteilstands und zum anderen durch kontinuierlichen Ausbau des eigenen Leistungsangebots. Als Beispiel nannte er in diesem Zusammenhang die Mitgliederorientierung und -nähe sowie die lokale Identität der Genossenschaftsbanken auch in der digitalen Welt überzeugend umzusetzen. Die Genossenschaftsbanken sind sich bewusst, dass es neuer Online-Strategien und Investitionen in die digitalen Kanäle bedarf, um auf das veränderte Kundenverhalten reagieren zu können. „Die Genossenschaftsbanken müssen dort sein, wo die Kommunikation stattfindet und daher sind unsere Mitgliedsbanken auch zunehmend in den sozialen Netzwerken vertreten.“
Auch in Anbetracht der fortschreitenden Digitalisierung zeichnet sich kein Rückzug der Genossenschaftsbanken in Weser-Ems aus der Fläche ab. „Zwar wird sich das Filialnetz auch künftig dem Kundenverhalten folgend anpassen, hier muss jede Bank vor Ort in Abstimmung mit ihren Gremien und Mitgliedern die Weichen für die Zukunft stellen“, so Schwengels.
Die genossenschaftliche FinanzGruppe ist aktuell gemäß den Feststellungen in der Pressekonferenz die effizienteste und vertriebsstärkste deutsche Bankengruppe, wie die Wachstumsraten der zurückliegenden Jahre belegen. Dazu tragen zwei Projekte bei, die im genossenschaftlichen Verbund umgesetzt werden und die, die Privat- und Firmenkunden in den Fokus aller digitaler Entwicklungen nehmen. Diese gemeinsam umzusetzenden Projekte sollen den Kundennutzen steigern und damit der einzelnen Genossenschaftsbank Ertragssteigerungs- und zugleich weitere Kostensenkungspotenziale erschließen.
Ausblick für das laufende Geschäftsjahr
Für dieses Jahr rechnet unser Verband mit einer erneut leicht rückläufigen Zinsspanne bei den Mitgliedsbanken. So wird auch das Betriebsergebnis in 2018 voraussichtlich leicht rückläufig, dennoch aber zufriedenstellend ausfallen, so Freundlieb.
Abschließend stellte Freundlieb fest, dass als Folge der Herausforderungen im Finanzsektor auch bei den Genossenschaftsbanken nach wie vor weitere Fusionen zu erwarten sind. Gesamtwirtschaftlich ist diese Entwicklung kritisch zu bewerten, da sich volkswirtschaftlich sinnvolle Finanzstrukturen, zum Beispiel in der Mittelstandsfinanzierung, nachteilig und unumkehrbar dadurch verändern. Eine „Fusionswelle“ ist zumindest für Weser-Ems für den Verband nicht erkennbar. „Strukturveränderungen bei den Banken begleitet unser Verband schon immer umfassend und entsprechend dem Wunsch der Mitglieder der Genossenschaftsbanken. Daher ist und bleibt es auch unser strategisches Ziel, als selbstständiger Regionalverband die Leistungsfähigkeit der Mitgliedsunternehmen und damit auch der Mitgliedsbanken durch ein breit aufgestelltes Leistungsangebot in Zukunft zu stärken.“